Kurz nachgefragt... bei Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Christoph Markschies
Juli 2022
Anfang Mai 2022 wurde der Theologe und Historiker Christoph Markschies zum Präsidenten der Akademienunion gewählt. Seit 2020 ist er Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Gemeinsam mit den Vizepräsidenten Reiner Anderl (Präsident der AdWL | Mainz) und Daniel Göske Präsident der (AdW Göttingen) sowie mit Irene Dingel als Vorsitzender der Wissenschaftlichen Kommission bildet er den neuen Vorstand der Akademienunion.
Anfang Mai haben Sie Ihr Amt als Präsident der Akademienunion angetreten. Wie ist Ihr Resümee der letzten Monate?
Es waren zwei sehr volle Monate (und ein halber dazu!). Aber es waren zugleich auch ungemein anregende und spannende Monate: Ich denke beispielweise, wenn ich mich an die vergangenen zweieinhalb Monate erinnere, an einen heiteren Abend mit Mitarbeitenden unserer Geschäftsstelle in einer Mainzer Weinstube, das unterhaltsame Sekttrinken mit Präsidentin, Präsidenten und Geschäftsführenden der Unionsakademien auf der Düsseldorfer Akademieterrasse Mitte Mai, an die ersten Begegnungen mit Ministerinnen wie Ministern und Abgeordneten und schließlich an das pure Vergnügen, unseren Akademientag „Musik und Gesellschaft“ am 6. Oktober in Leipzig mit vorbereiten zu dürfen. Es gibt sehr viel zu tun, aber auch viel Rückenwind und – in aller Bescheidenheit gesagt – erste Erfolge. Und es ist eine reine Freude, im Vorstand mit Reiner Anderl, Irene Dingel und Daniel Göske zusammenzuarbeiten. Wir leben in sehr aufregenden Zeiten mitten in großen Krisen, aber auch in einem Kulturwandel von Wissenschaft und Wissenschaftskommunikation. Akademien stehen für den langen Atem, mit dem allein gründliches Nachdenken möglich ist, aber sie sind auch keine abgelegene oder gar verstaubte Provinz des Wissenschaftssystems. Gerade aufgrund ihrer spezifischen Verfassung können sie ganz eigene Beiträge zum Diskurs über die gegenwärtigen Krisen und Transformationen entwickeln – und das macht die Arbeit für die Akademienunion besonders reizvoll.
Wie sieht Ihre Zukunftsvision für die Akademienunion aus? Welche Entwicklungsmöglichkeiten sehen Sie und Ihr Team?
So besonders die Akademien sind – die Union ist wie manche andere Einrichtung in der spezifischen föderalen Struktur unseres Landes ein Verbund sehr starker Einrichtungen aus den Ländern, der auf der Ebene des Bundes agiert. Die Union bündelt die Stärke der Landesakademien, die sich zu allererst in rund zweitausend herausragenden Mitgliedern ausdrückt, dann aber auch in beeindruckenden Forschungsunternehmen, präzisen Stellungnahmen für Politik und Gesellschaft sowie munterer Wissenschaftskommunikation. Die Akademien haben regionale Expertise – und das traurige Jahresgedächtnis der Flutkatastrophe in zwei Bundesländern macht deutlich, wie sehr wir in globalisierten Zusammenhängen regionale Expertise der Wissenschaft brauchen. Die Akademien haben aber auch globale Expertise, wie ein Blick auf ihre Publikationen und ihre Kommunikation deutlich macht. Die Union organisiert nicht nur das einzigartige Akademienprogramm, sondern setzt mit Hilfe ihrer Mitgliedsakademien eigene Akzente – ich nenne beispielhaft das Engagement bei der Bewahrung disziplinärer Vielfalt im Wissenschaftssystem und der Erhaltung der sogenannten kleinen Fächer. Diese Akzente zu bestimmten Themen der Forschung und des Wissenschaftsmanagements werden wir ausbauen und die Stimme der Akademien stärker in die öffentlichen Debatten einbringen. Ich sehe auch viel Potential bei gemeinsamen Aktivitäten mit den in der Allianz vertretenen Wissenschaftsorganisationen wie der Leopoldina, der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder dem Wissenschaftsrat und allen anderen Allianz-Organisationen, mit denen wir bereits jetzt sehr vertrauensvoll kooperieren.
Die Bedeutung der Wissenschaftskommunikation wird in aktuellen Diskursen immer wieder hervorgehoben. Wie kann sich die Akademienunion in diesem Bereich positionieren, insbesondere auch im Hinblick auf das Akademienprogramm?
Mir liegt daran, dass wir den Kulturwandel der Wissenschaftskommunikation wahrnehmen: Wir kommunizieren nicht mehr so, dass wir einen roten Teppich vom Balkon herabrollen und zur begeisterten Menge sprechen. Wissenschaft gehört auf die Marktplätze und muss sich im Diskurs bewähren; insbesondere im Bereich der Gesellschafts- und Politikberatung (aber nicht nur dort) gibt es eine verwirrende Vielfalt von Akteuren und Stimmen. Es wäre schön, wenn das Signet der Akademienunion nicht nur ein Prüfsiegel für herausragende Wissenschaft wäre, sondern ein Zeichen für lebendige und anregende Kommunikation. Wenn wir im Wissenschaftsjahr 2023 beispielsweise die Akademien auf die Marktplätze bringen, dann ist das nicht nur eine Metapher dafür, dass wir im Gespräch mit der Öffentlichkeit sind: Es beschreibt die Praxis der Kommunikation auf dem Berliner Gendarmenmarkt, den Rheinwiesen in Mainz oder dem Marktplatz vor dem Alten Rathaus in Göttingen. Mir scheint, dass das wunderbare Akademienprogramm schon wunderbar kommuniziert – so lese ich beispielsweise gern die Tweets einzelner Unternehmungen wie beispielsweise des großen lateinischen Inschriftenkorpus @CIL_BBAW, um nur eines von vielen twitternden Akademievorhaben zu nennen. Natürlich kann man immer noch mehr und noch besser kommunizieren – wir planen gerade einen neuen Unionspodcast. Aber das ist sicher nicht das letzte Wort und die letzte Idee, denn unsere Akademien bringen die Theorie der Wissenschaftskommunikations-Forschung und die Praxis der Wissenschaftskommunikation zusammen und dieses Zusammentreffen führt auf besonders spannende Ideen.
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