Perspektiven 2030
Perspektiven 2030
Die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften (Akademienunion) ist der Zusammenschluss von acht Wissenschaftsakademien (Unionsakademien). Mit ihren über 2.000 Spitzenforscherinnen und Spitzenforschern leistet sie einen wichtigen Beitrag zur inter- und transdisziplinären Weiterentwicklung der Profile aller Fächer. Als Trägerin des Akademienprogramms (AP), der weltweit größten Initiative für Langzeitvorhaben in den Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften, dynamisiert die Akademienunion nicht nur den internationalen wissenschaftlichen Austausch, sondern trägt durch die von ihr geförderten Leuchtturmprojekte auch wesentlich zur internationalen Sichtbarkeit des Forschungsstandorts Deutschland bei. Sie fördert Chancengleichheit in Wissenschaft und Forschung, bietet attraktive Entwicklungsmöglichkeiten für Early Career Researchers und steht für Diversität und Chancengleichheit. Die Vielzahl, die hohe Kompetenz und die fachliche Breite der an den Akademien versammelten Forschenden qualifiziert die Union in besonderer Weise für Aufgaben in der Gesellschafts- und Politikberatung, u. a. bei der Früherkennung von Krisen und deren Bewältigung.
Die Zukunftsstrategie der Akademienunion bis 2030 nimmt sieben strategische Handlungsfelder in den Blick, die gezielt ausgebaut und nachhaltig gestärkt werden:
1. Dynamisierung: Wissenschaftliche Profile schärfen
Die Unionsakademien sind Foren für den regelmäßigen Austausch der Besten aller Disziplinen. Dabei steht weniger der Dialog innerhalb der einzelnen Fächer im Mittelpunkt, als vielmehr das inter- und transdisziplinäre Gespräch, das es ermöglicht, neue Projektdesigns zu entwerfen, zu erproben und zu implementieren. Auf diese Weise schaffen die Unionsakademien einen Reflexionsraum für die Schärfung der Profile aller beteiligten Fächer und für deren Öffnung auf innovative Perspektiven und Methoden. Dies ermöglicht es, großen wissenschaftlichen Herausforderungen experimentell und effizient zu begegnen sowie Fragen zu beantworten, deren Klärung einen weiten disziplinären Horizont, die Bewältigung breiter und schwer zugänglicher Überlieferungen und den Umgang mit immensen Datenmengen erfordert. Dies ist auch der konzeptionelle Kern, der das AP charakterisiert, dessen Vorhaben dazu beitragen, alle beteiligten Fächer und Disziplinen inhaltlich und methodisch weiterzuentwickeln.
Die Akademienunion wird auf der Grundlage künftiger finanzieller Aufwüchse die Förderung innovativer Vorhaben ausbauen und sich dabei insbesondere auf die Erschließung und Erforschung von Zeugnissen europäischer und außereuropäischer Kulturen konzentrieren. Außerdem wird sie als wichtige Partnerin und Projektinitiatorin innerhalb der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) auch künftig wichtige Impulse für die weitere Profilierung der Digital Humanities geben.
Die breite kooperative Vernetzung der Unionsakademien überträgt diese Forschungsdynamik auch auf Universitäten und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen. Die dort tätigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bringen ihrerseits Impulse in diesen Profilierungsprozess ein.
2. Internationalität: Den Wissenschaftsstandort Deutschland stärken
Die Akademienunion pflegt ein Netzwerk von zahlreichen nationalen und internationalen Partnerinstitutionen in Europa und weltweit. Sie repräsentiert ihre Mitgliedsakademien im Verbund ALLEA (All European Academies), im Science Advice for Policy by European Academies (SAPEA), im InterAcademy Partnership (IAP) sowie in der Union Académique Internationale (UAI). Dadurch garantiert sie die internationale Sichtbarkeit und schafft vielfältige Möglichkeiten für eine weitere gezielte Vernetzung ihrer international engagierten Mitglieder sowie der global verknüpften Projekte des AP. Internationale Vernetzungen zu stärken und auszuweiten ist ein wichtiger strategischer Schritt auf dem Weg in die Zukunft, dem auch die Mitgliedschaft von Early Career Researchers in der Global Young Academy (GYA) Rechnung trägt. Durch den gezielten Ausbau der Internationalisierung auf institutioneller Ebene mit Hilfe weiterer Vernetzung sowie auf forschungsstrategischer Ebene durch projektbasierte und individuelle Kooperation wird die Akademienunion entscheidend zur Profilierung und Stärkung des Wissenschaftsstandorts Deutschland beitragen.
Als Trägerin und Koordinatorin des AP steht die Akademienunion zugleich für die internationale Relevanz der im Akademienkontext betriebenen Forschung. Denn in Ausrichtung auf das globale kulturelle Erbe wird die Vielfalt und Diversität kultureller Überlieferungen zum Gegenstand der Forschungsvorhaben des AP. In ihren jeweils unterschiedlichen inhaltlichen Perspektiven und verschiedenen methodischen Zugriffen überschreiten die Akademieprojekte nationale Grenzen und positionieren die Akademieforschung zugleich wirksam in einem globalen Diskursraum. In der konkreten Durchführung sind forschungsethische Maßstäbe stets grundlegend und handlungsleitend. Die Realisierung internationaler projektbezogener Kooperationen steht unter sensibler Beachtung der durch die jeweiligen Provenienzen sich ergebenden Herausforderungen. In diesem Sinne ist die Weiterentwicklung des Verständnisses dessen, was sich hinter dem Begriff „globales kulturelles Erbe“ verbirgt, ein dauerhafter, auf diskursiven Austausch angelegter Auftrag.
3. Nachhaltigkeit: Attraktive Karrieren in Wissenschaft und Forschung ermöglichen
Die Unionsakademien stellen durch ihre Gelehrtengemeinschaften und Jungen Akademien Personennetzwerke von exzellenten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unterschiedlicher Karrierestufen dar. Sie bieten damit nicht nur optimale Bedingungen für einen generationenübergreifenden wissenschaftlichen Dialog auf Augenhöhe, sondern begünstigen auch einen karriereförderlichen Austausch, indem Early Career Researchers von den Erfahrungen bereits etablierter Kolleginnen und Kollegen profitieren können.
In den von der Akademienunion geförderten Projekten sind derzeit ca. 1.000 wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig. Das Angebot an Weiterqualifizierungs- und Karrieremodellen orientiert sich am EU-Modell „Towards a European Framework for Research Careers“. In frühen Berufsphasen werden klar definierte Entwicklungsziele vereinbart, deren Erreichung im Rahmen der Projektarbeit bestmöglich gefördert wird. Postgraduierten stehen attraktive Stipendien- und Mentoratsprogramme zur Verfügung oder die Berufung auf eine gemeinsam mit Hochschulen eingerichtete Akademieprofessur (auch mit tenure track). Wesentliches Ziel ist es, allen wissenschaftlichen Mitarbeitenden, unabhängig von ihrer vertraglichen Situation und Karrierestufe, die besten Bedingungen für eine beständige wissenschaftliche Weiterentwicklung zu bieten. Dies gilt insbesondere für die Entwicklung jener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in den Projekten keine Entfristungsperspektive haben. Für sie halten die Unionsakademien attraktive Angebote zur Weiterqualifizierung auch in wissenschaftsbegleitenden Berufen bereit.
4. Vielfalt: Diversität ermöglichen – Chancengleichheit gestalten
Die Akademienunion orientiert sich an der von ihr vorgelegten Leitlinie zu Diversität und Chancengleichheit. Sie begreift Diversität als Grundlage für ein offenes und respektvolles Zusammenarbeiten in ihren Geschäftsstellen ebenso wie in den Gremien und wissenschaftlichen Kommissionen. Zugleich fördert und gewährleistet sie Diversität als Ressource für eine thematisch freie, dynamische, ethisch sensible und ergebnisoffene Forschung im AP.
Dies ist getragen von der Überzeugung, dass gute Governance sowie Produktivität und Effektivität wissenschaftlicher Arbeit von individuellen Eigenschaften und Kompetenzen, von kulturellen Hintergründen und Erfahrungen, von teils sozial bedingten Unterschieden wie Alter, Geschlecht, ethnischer Herkunft, Religion und Weltanschauung, sexueller Orientierung, Behinderungen bzw. Beeinträchtigungen lernen und profitieren können. Auch Wissenschaftskommunikation und Transfer sind im Horizont von Diversität adressatenbezogen offen und barrierefrei zu konzipieren.
Auf dieser Grundlage spielt die Gestaltung von Chancengleichheit in der Akademienunion eine entscheidende Rolle. Sie fußt auf dem Verbot von Diskriminierung aufgrund des Alters, Geschlechts, ethnischer bzw. kultureller Zugehörigkeit, der Religion oder einer Beeinträchtigung und mündet in aktive Maßnahmen zur Förderung von Angehörigen bisher unterrepräsentierter Gruppen. Dazu gehört die Identifizierung von Gleichstellungshindernissen ebenso wie eine generelle Sensibilisierung für Gerechtigkeitsgrundsätze und Gleichbehandlung.
5. Unabhängigkeit: Aufgaben in der Gesellschafts- und Politikberatung wahrnehmen
Die Akademienunion wird sich weiterhin als starke Partnerin von Leopoldina und acatech im Ständigen Ausschuss in die Gesellschafts- und Politikberatung einbringen. Als Zusammenschluss unabhängiger Einrichtungen mit Selbstergänzungsrecht arbeitet sie streng wissenschaftsbasiert. Die breite Interdisziplinarität der Akademiemitglieder gewährleistet eine größtmögliche Expertise.
Die Akademienunion teilt die Auffassung des Wissenschaftsrats, dass Akademien bei der Früherkennung, Analyse und Bewältigung von Krisen auch künftig eine immens wichtige Aufgabe zukommt, da sie in der Lage sind, in kürzester Zeit Vorschläge für die Besetzung von inter- und transdisziplinär ausgerichteten Expertenkreisen zu generieren.
Über die Projekte des AP leistet die Akademienunion außerdem einen fundamental wichtigen Beitrag für ein besseres Verständnis der historischen, politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Grundlagen moderner Lebenszusammenhänge, indem dort die räumlich wie zeitlich vielfältigen Dimensionen menschlichen Schaffens ausgeleuchtet werden. Kommunikation der Forschungsergebnisse und Transferaktivitäten in Gesellschaft und Politik sind weiterhin zentrale Aufgaben, deren tools kontinuierlich fortzuentwickeln sind.
6. Präsenz: Gemeinsam als starke Forschungsgemeinschaft auftreten
Die Akademienunion ist eine starke Wissenschaftsgemeinschaft, die die spezifischen Profile ihrer Mitgliedsakademien zusammenführt, eint und auf gemeinsame Ziele hin ausrichtet. Hierzu dient perspektivisch die Weiterentwicklung einer Dachmarke. Eine hohe interne Bindekraft kommt dem AP zu, das die Akademienunion auch extern als maßgebliche Akteurin in wissenschaftsbasierten Kontexten sichtbar macht und ihr im Konzert der außeruniversitären Forschungseinrichtungen eine Stimme verleiht. Spezifische, kontinuierlich ausgebaute Programme zur Weiterentwicklung von Karrierehorizonten und Kommunikationswegen kommen hinzu und stärken die Corporate Identity ebenso wie die gemeinsame Verantwortung auf dem Feld der nationalen Gesellschafts- und Politikberatung.
Die Akademienunion wird die Entwicklung einer gemeinsamen Kommunikationsstrategie weiter vorantreiben, um die vorhandenen Stärken zu bündeln und den vielfältigen Anforderungen eines effektiven Transfers in Gesellschaft und Politik gerecht zu werden.
7. Transparenz: Standards in Governance und Qualitätssicherung ausbauen
Die Akademienunion wird auf Grundlage ihrer revidierten Satzung und Geschäftsordnung weitere Schritte zur Optimierung ihrer Managementleistungen sowie ihrer Geschäfts- und Verwaltungsabläufe unter Nutzung digitaler Workflows unternehmen. Das Hauptaugenmerk liegt auf dem weiteren Ausbau der administrativen Services, vor allem im Hinblick auf die nachhaltige Verfügbarkeit von Forschungsdaten und -software. Die Etablierung einer Pauschale zur Abdeckung von indirekten Projektkosten wird angestrebt. Eine kontinuierliche Aufgabe bildet die laufende Verbesserung von Prozessen der Daten- und IT- Sicherheit sowie die Modernisierung der gesamten digitalen Infrastruktur zur Kollaboration und Kommunikation.
Die Akademienunion praktiziert eine Reihe von Instrumenten zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis und Qualitätssicherung, die sich hervorragend bewährt haben, Transparenz garantieren und fortlaufend weiterentwickelt werden. Arbeits- und Forschungsfortschritt werden in regelmäßigen Abständen auf verschiedenen Ebenen begleitet, indem die Projekte des AP sowohl individuell als auch institutionell evaluiert werden. Die Qualitätssicherung erfolgt sowohl bei der Beantragung von Neuvorhaben (ex ante), als auch im Projektverlauf sowie im Rahmen von Abschlussevaluierungen (ex post).
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