Digitalisierung und Demokratie
Akademien analysieren die Rolle digitaler Technologien in der öffentlichen Kommunikation
30 Jahre nach Einführung des Internets hat die Digitalisierung die demokratische Öffentlichkeit grundlegend verändert. Neben Presse und Rundfunk ist eine Kommunikationsinfrastruktur getreten, die durch eine Vielzahl von Onlinemedien, sozialen Netzwerken, Messenger‐Diensten und Suchmaschinen gekennzeichnet ist. Digitale Plattformen haben entscheidende Möglichkeiten der öffentlichen Kommunikation und Beteiligung geschaffen. Ihr Geschäftsmodell beinhaltet jedoch eine algorithmische Kuratierung des digitalen Informationsaustausches, die auf eine Auswahl und Priorisierung zugunsten kommerzieller Inhalte hinausläuft, anstatt zugunsten unabhängiger Informationen, kritisieren die Autorinnen und Autoren. Obwohl die Selektionsmechanismen der Algorithmen einen großen Einfluss auf die öffentlichen Informationsströme ausüben, unterliegen sie keiner demokratisch legitimierten Kontrolle.
Hinsichtlich der Prävention und Verfolgung undemokratischer oder herabwürdigender Meinungsäußerungen (Hassreden) sowie gezielter Falschinformationen (Fake News) in der digitalen Kommunikation sind die bisherigen gesetzliche Regelungen und ihre Durchsetzung unbefriedigend, heißt es in der Stellungnahme. Gerade in Bezug auf gezielte Falschinformationen braucht es plattformunabhängige Werkzeuge, die Nutzerinnen und Nutzer bei der Erschließung und Bewertung digitaler Informationen unterstützen.
Die Wissenschaftsakademien geben Handlungsempfehlungen in acht Feldern:
- Kuratierungspraxis digitaler Informations- und Kommunikationsplattformen regulieren, um die Vielfalt öffentlich bedeutsamer Themen und Positionen auf den Plattformen angemessen abzubilden.
- Internetangebote des öffentlich‐rechtlichen Rundfunks stärken, um seinen demokratischen Informationsauftrag auszubauen und damit er seinen Auftrag in einem hybriden Mediensystem erfüllen kann.
- Forschung in den Datenbeständen von Plattformen erleichtern, um in die Forschung über gesellschaftliche Entwicklungen digital geführte Diskurse einzubeziehen sowie die Auswirkungen der Plattformen auf die demokratische Auseinandersetzung belastbar zu erforschen.
- Zivilität des Diskurses sicherstellen, um gezielt formulierte Falschinformationen und Manipulationsaktivitäten einzuschränken und Nutzerinnen und Nutzer vor Hassreden zu schützen.
- Demokratiefreundliches Design digitaler Technologien und Infrastrukturen fördern, um die Transparenz der digitalen Plattformen und Dienste und die Qualität der Information zu gewährleisten sowie neue Partizipationsformen und die digitale Selbstbestimmung von Bürgerinnen und Bürgern zu unterstützen.
- Entwicklung der Digital- und Medienkompetenz stärken, damit Nutzerinnen und Nutzer im Denken, Handeln und Entscheiden in der digitalen Welt unterstützt werden und ihre eigene Informationsumgebung gestalten.
- Qualitäts- und Datenjournalismus fördern, zugunsten von mehr datenbasiertem Journalismus, der großflächige empirische Daten und langfristige Trends analysiert, idealerweise verbunden mit eingängigen Visualisierungen.
- Digitale Beteiligung ausbauen, um die Mitwirkung der Zivilgesellschaft in der sich durch Digitalisierung rasant verändernden Öffentlichkeit zu stützen und dauerhaft zu verankern.
Die Stellungnahme ist ein gemeinsamer Beitrag der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, acatech ‒ Deutsche Akademie der Technikwissenschaften und der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften. Die Akademien unterstützen Politik und Gesellschaft unabhängig und wissenschaftsbasiert bei der Beantwortung von Zukunftsfragen zu aktuellen Themen. Ihre Mitglieder und weitere Experten sind hervorragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland.
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