Einfache Antworten auf schwierige Fragen? Populismus heute und gestern
20.06.2017
Berlin
18:00 Uhr
Es diskutierten:
Dr. Lutz Klinkhammer
Deutsche Historisches Institut in Rom,
Max Weber StiftungProf. Dr. Wolfgang Knöbl
Hamburger Institut für SozialforschungProf. Dr. Gudrun Krämer
Institut für Islamwissenschaft, Freie Universität Berlin,
Berlin-Brandenburgische Akademie der WissenschaftenProf. Dr. Wolfgang Merkel
Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung,
Berlin-Brandenburgische Akademie der WissenschaftrenModeration: Dr. Anna-Lena Scholz
DIE ZEIT
Populismus - ein Begriff, der spätestens seit 2016 in aller Munde ist, um die gesellschaftspolitische Lage in vielen Ländern zu beschreiben. Der Duden definiert Populismus als eine "von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft demagogische Politik, die das Ziel hat, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen (...) zu gewinnen". Dies ist jedoch nur eine von vielen Definitionen des schwer greifbaren Phänomens.
Rechtspopulistische Parteien und Bewegungen haben sich heute fast europaweit etabliert. Die Kampagne der eurokritischen Partei UKIP zum Brexit ist nur ein Beispiel dafür. In Deutschland sitzt mit der AfD eine rechtspopulistische Partei in elf Landtagen und in Polen ist die Partei "Recht und Gerechtigkeit" an der Regierung. Anfang 2017 trafen sich Europas führende Rechtspopulisten, um vereint gegen Europas Vereinigung zu agieren. Populistische Bewegungen sind hingegen nichts Neues in Europas. Schon seit den 1970er Jahren hat sich in Frankreich mit dem Front National eine rechtspopulistische Partei entwickelt. Inwieweit sich auch auf der Linken populistische Bewegungen entwickelt haben, hängt weitgehend vom angewandten Kriterienkatalog ab. So unterscheiden sich z.B. die nationalen Einschätzungen erheblich, was die Zuordnung von Parteien wie Podemos oder Syriza angeht.
Das Weltwirtschaftsforum stellt Anfang 2017 fest, dass Populismus ein Faktor ist, der zu starker sozialer Instabilität führen kann. Andererseits ist Populismus auch ein Schlagwort im politischen Tagesgeschäft. Eignet er sich überhaupt als wissenschaftliche Analysekategorie?
Populistische Bewegungen und Politiker gab und gibt es auch außerhalb Europas. Politische Relevanz und Popularität erlangte Populismus als Gattungsbegriff seit der Präsidentschaft Juan Peróns in Argentinien, einer Zeit, die durch die Berufung auf ein 'gutes Volk' gekennzeichnet war, das in angeblich unmittelbarer Verbindung mit seinem Anführer stand. In Europa war ein solcher Konnex mit der Niederlage von Nationalsozialismus und Faschismus für lange Zeit obsolet geworden.
Einfache Antworten auf schwierige Fragen des gesellschaftlichen Zusammenlebens scheinen aktuell überall Konjunktur zu haben. Wann werden populistische Bewegungen besonders stark, wann schaffen populistische Politiker den Sprung in die Regierungsverantwortung? Gibt es eine populistische Versuchung auch für etablierte Parteien und ihre Politiker? Welche Mechanismen spielen eine Rolle bei der Bildung "öffentlicher Meinung"? Wie kann eine gesamtgesellschaftliche Debattenkultur ohne Populismus aussehen, die gleichzeitig die Kritik aus der Gesellschaft ernst nimmt und sich nicht durch die Beschwörung von Populismus als einem Menetekel dagegen abzuschotten versucht?
Ort: Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Einstein-Saal, Eingang: Jägerstraße 22/23, 10117 Berlin
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