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Bäume schützen das Klima, denn sie binden CO2. Es ist jedoch auch technologisch möglich, CO2 aus der Atmosphäre zu entnehmen und einzulagern. Zur Notwendigkeit derartiger „negativer Emissionen“ bekennt sich die Ampelregierung im Koalitionsvertrag – obwohl diese gesellschaftlich umstritten sind. Berechnungen zeigen: Treibhausgasneutralität wird nur noch zu erreichen sein, wenn ambitionierte CO2-Vermeidung durch negative Emissionen ergänzt wird. Welche Entnahmeverfahren es gibt, mit welchen Chancen und Risiken sie verbunden sind und welche Rolle ökologische Senken wie Wälder spielen, beantwortet das Akademienprojekt „Energiesysteme der Zukunft“ (ESYS) in einem „Kurz erklärt“.

Erneuerbare Energien statt Kohlekraft, Wärmepumpe statt Ölheizung, E-Auto statt Verbrenner: Maßnahmen zur Vermeidung von Treibhausgasen sind bekannt. Doch Berechnungen des Weltklimarats zeigen, dass sie allein nicht mehr ausreichen, um Klimaneutralität zu erreichen. Denn während eine klimaneutrale Energieversorgung möglich ist, lassen sich einige Restemissionen aus Industrie und Landwirtschaft kaum vermeiden. Die mögliche Lösung: Der Atmosphäre muss bereits emittiertes CO2 wieder entzogen werden, um sogenannte negative Emissionen zu erzeugen. Ab der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts muss laut Weltklimarat sogar mehr CO2 aus der Atmosphäre entnommen werden, als noch ausgestoßen wird. Fachleute des Akademienprojekts ESYS sehen negative Emissionen deshalb als essenziellen Baustein für den Klimaschutz an.

In dem „Kurz erklärt“ zur Frage „Was sind negative Emissionen, und warum brauchen wir sie?“ skizziert das von den Wissenschaftsakademien acatech, Leopoldina und Akademienunion initiierte Projekt den aktuellen Forschungsstand, erläutert Verfahren zur CO2-Entnahme und benennt ihre jeweiligen Vor- und Nachteile. Kosten, Folgen und Risiken der unterschiedlichen Verfahren müssen nach Meinung der Fachleute sorgsam gegeneinander aufgewogen werden, um bestmöglich informiert die Weichen für die Zukunft zu stellen. Viel Zeit bleibt dafür nicht mehr: Um zwischen 2070 und 2100 globale Klimaneutralität zu erreichen und die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzen zu können, muss die CO2-Entnahme schon weit vor 2050 starten.

Natürliche Senken und technologische Verfahren: Risiken und Potenziale

Wälder, Grasland und Feuchtgebiete können Kohlenstoff speichern und somit den CO2-Gehalt in der Atmosphäre verringern. Diese Ökosysteme zu schützen und Wälder aufzuforsten, wird eine Aufgabe des Klimaschutzes sein. Sich jedoch einzig auf natürliche Senken zur CO2-Speicherung zu verlassen, ist laut den Expertinnen und Experten riskant, denn das Potenzial ist begrenzt. Zudem ist oft ungewiss, wie lange der Kohlenstoff in Vegetation und Boden gespeichert bleibt. Schädlinge, Dürren und Brände können Wälder so stark schädigen, dass das gespeicherte CO2 wieder entweicht. Ein Risiko, das mit dem voranschreitenden Klimawandel steigt. Der hohe Landbedarf kann außerdem Nutzungskonflikte verschärfen, wenn die Flächen zum Beispiel für den Anbau von Nahrungspflanzen benötigt werden.

Weniger Platz, dafür aber mehr Energie und finanziellen Einsatz benötigen technische Verfahren wie Direct Air Carbon Capture and Storage. Bei diesen wird mittels Carbon Capture and Storage CO2 unterirdisch verpresst und eingelagert. Das Risiko, dass das gespeicherte CO2 wieder entweicht, ist hier geringer als bei natürlichen Senken. Dennoch ist CCS bislang gesellschaftlich umstritten.

Kein Freifahrtschein für mehr CO2, aber eine notwendige Ergänzung zur Treibhausgasminderung

Klar ist: Ohne negative Emissionen ist Klimaneutralität nicht mehr zu erreichen. Je langsamer die Weltgemeinschaft ihren Treibhausgasausstoß reduziert, umso mehr negative Emissionen wird sie benötigen, um ihre Klimaziele zu erreichen. Sich auf zu große Potenziale zu verlassen, ist jedoch nicht klug, denn bislang ist unklar, wie viel CO2 der Atmosphäre dauerhaft entzogen werden kann – und mit welchen Begleiterscheinungen. Deshalb sind negative Emissionen aus Sicht der Fachleute von ESYS eine notwendige Ergänzung, aber kein Ersatz für ambitionierte Einsparmaßnahmen. Nun gelte es, den Stellenwert negativer Emissionen in der Klimaschutzstrategie sowie Kosten, Risiken und Potenziale der unterschiedlichen Verfahren gegeneinander aufzuwägen und politisch und gesellschaftlich zu diskutieren.

Weitere Informationen:
https://energiesysteme-zukunft.de/

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften und die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften unterstützen Politik und Gesellschaft unabhängig und wissenschaftsbasiert bei der Beantwortung von Zukunftsfragen zu aktuellen Themen. Die Akademiemitglieder und weitere Experten sind namhafte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland. In interdisziplinären Arbeitsgruppen erarbeiten sie Stellungnahmen, die nach externer Begutachtung vom Ständigen Ausschuss der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina verabschiedet und anschließend in der Schriftenreihe zur wissenschaftsbasierten Politikberatung veröffentlicht werden.

Für die gemeinsame Initiative „Energiesysteme der Zukunft“ (ESYS) hat acatech die Federführung übernommen. Im Akademienprojekt erarbeiten mehr als 100 Energiefachleute aus Wissenschaft und Forschung Handlungsoptionen zur Umsetzung einer sicheren, bezahlbaren und nachhaltigen Energieversorgung.

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