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Kurzinterview

Kurz nachgefragt... bei Marius Albers

Dialektatlas Mittleres Westdeutschland

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Marius Albers ist Linguist und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Siegen. Seit 2021 fungiert er als Projektkoordinator des „Dialektatlas Mittleres Westdeutschland (DMW)“.

Der Dialektatlas Mittleres Westdeutschland (DMW) entsteht in einem auf 17 Jahre (2016-2032) angelegten (Forschungs-)Projekt der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften, dass an den Universitäten Bonn, Münster, Paderborn und Siegen durchgeführt wird.

Sie sind im siebten Jahr der Projektlaufzeit. Welche großen Meilensteine haben Sie bisher erreicht, was waren Herausforderungen auf dem bisherigen Weg und auf welche Aspekte freuen Sie sich in der zukünftigen Arbeit beim DMW?

Seit 2018 steht in erster Linie die Datenerhebung an: über 2.000 Vor-Ort-Interviews mit Dialektsprecherinnen und -sprechern in über 1.000 Orten im Erhebungsgebiet. Und mitten hinein in diese Phase fiel die Corona-Pandemie, die die Erhebungen für einige Zeit verunmöglicht hat. Dennoch haben wir zahlreiche Interviews durchführen können. Wir werden sie voraussichtlich 2025 abschließen und damit einen wichtigen Meilenstein erreichen. Die Daten sind die Grundlage für die dialektologische Auswertung im nächsten Projektmodul, auf die wir uns schon sehr freuen.

Vergleichsweise früh haben wir einen anderen Meilenstein erreicht, nämlich die Bereitstellung der digitalen, dynamischen und sprechenden Atlaskarten auf unserer Homepage. Seit 2021 können dort alle interessierten Personen sehen und hören, wie im DMW-Gebiet gesprochen wird. Die Karten zeigen jeweils den tagesaktuellen Bearbeitungsstand. Im Vergleich zu anderen Atlasprojekten, bei denen man erst nach Jahren der Auswertung etwas sehen kann, sind diese Previewkarten eine Besonderheit des DMW.

Wie divers ist das Mittlere Westdeutschland hinsichtlich seiner Dialekte? Wie viele gibt es und wie unterscheiden sie sich?

In Nordrhein-Westfalen werden mehrere Dialekte gesprochen. Dazu gehören Westfälisch, Ripuarisch, Niederfränkisch, Moselfränkisch und Nordniederdeutsch. Tatsächlich führt sogar die bekannteste deutsche Dialektgrenze, die sogenannte „Benrather Linie“, mitten durch unser Erhebungsgebiet. Sie verläuft in NRW grob von Aachen über den Düsseldorfer Stadtteil Benrath bis Hilchenbach bei Siegen und trennt die hoch- und niederdeutschen Dialekträume. Insofern kann man sagen, dass wir ein dialektologisch sehr vielfältiges Gebiet untersuchen. Das macht die Arbeit besonders komplex, aber auch interessant.

Was ist Ihr Lieblingsdialekt im Mittleren Westdeutschland? Gibt es über diese Grenzen hinaus noch weitere Dialekte, die Sie besonders schätzen oder spannend finden?

Einen Lieblingsdialekt im eigentlichen Sinne habe ich nicht. Verbunden bin ich aber mit dem Sauerländer Platt, das in meiner Heimat gesprochen wird. Und das Kölsche mag ich – bedingt durch die Musik von BAP. Das sind nun allerdings weniger „dialektologische“ Gründe. Was Dialekte (nicht nur) für Linguistinnen und Linguisten spannend macht, ist gerade ihre Variabilität auf allen sprachlichen Ebenen. Ein Beispiel ist etwa die schon genannte „Rheinische Verlaufsform“. Im Standarddeutschen war sie lange Zeit verpönt, der bekannte Sprachkritiker Bastian Sick schreibt sogar, dass es sie dort offiziell gar nicht gibt. Allerdings breitet sich diese Form mehr und mehr aus, sogar in die Standardsprache hinein.

Zur Beliebtheit von Dialekten gibt es regelmäßig Umfragen, häufig belegt das Bairische da den ersten Platz. In einer jüngeren Umfrage haben das Westfälische und das Rheinisch gut abgeschnitten – allerdings war die Frage dabei, welchen Dialekt man am wenigsten mag (https://preply.com/de/blog/umfrage-deutsche-dialekte/; 31.07.2024).

Welche Wörter weisen die größte Variation in den Dialekten des DMW auf?

Es zeigt sich schon jetzt bei einigen Wörtern ein besonderer Variantenreichtum, etwa bei Tierbezeichnungen wie Ameise, Frosch, Maulwurf oder Schmetterling. Um bei Ameise zu bleiben: Manchmal liegen die Unterschiede nur auf der Lautebene (z. B. Aamaise, Aamais, Aammees, Ameuse), manchmal gibt es ganz unterschiedliche Wörter (Miichhamapl, Sikames, Kraamensl, Immelken, Hampille). Dies ist ein Beispiel für die Vielfalt der Dialekte in unserem Gebiet.


Kontakt

Dr. Annette Schaefgen
Leiterin Berliner Büro
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit


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