Schon gewusst, dass sich eine Frau bereits im Jahr 1453 selbst vor dem obersten Gericht im Reich vertreten hat?
Zum Projekt „Regesta Imperii - Regesten Kaiser Friedrichs III.“
Die Forschungsgruppe des Akademienvorhabens „Regesta Imperii - Regesten Kaiser Friedrichs III.“ entdeckte die Geschichte von Elsbeth Kellner im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München.
Zwei ungleiche Parteien streiten seit Jahrzehnten um einen Grundherrschaftsbezirk in Oberbayern. Auf dem Spiel stehen die Integrität einer Grafschaft und eine Menge Geld. Seit dem Tod ihres Mannes, eines Erdinger Bürgers, vertritt Elsbeth Kellner die Sache ihrer Familie gegen die adligen Fraunberger. Die Fraunberger verlangen nun vor dem kaiserlichen Kammergericht ihren Besitz zurück, der sich angeblich unrechtmäßig in der Hand der Kellners befinde. Elsbeth Kellner pariert Punkt für Punkt die Vorwürfe der Gegenpartei. Sie legt Beweise vor. Das Gericht wird später ihrer Argumentation folgen.
Der Fall wirft viele Fragen auf: Wer war Elsbeth Kellner? Diese Frau, die sich vor dem obersten Gericht im Reich selbst vertrat und mit dem spätmittelalterlichen Zivilprozess offensichtlich bestens vertraut war? Woher hatte sie ihre juristische Expertise? Ist sie eine Ausnahmeerscheinung oder gibt es in ihrer Zeit weitere Frauen, die ähnlich auftraten? Vieles um Elsbeths Person, aber auch um den Handlungsspielraum von Frauen vor dem höchsten Gericht allgemein liegt nach wie vor im Dunkeln. Eine ausführliche Inhaltsangabe (Regest) des Prozessverlaufs wird in einem der nächsten Bände des Akademienvorhabens erscheinen.
Dr. Jörg Feuchter leitet das Akademienvorhaben „Regesta Imperii - Regesten Kaiser Friedrichs III.“. Dr. Petra Heinicker ist wissenschaftliche Mitarbeiterin des Vorhabens. Das Vorhaben ist Teil des von Bund und Ländern geförderten Akademienprogramms, das der Erhaltung, Sicherung und Vergegenwärtigung unseres kulturellen Erbes dient. Koordiniert wird das Programm von der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften. Kaiserurkunden gehören in der Mediävistik zu den wichtigsten Quellen.