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Schon gewusst ...?

Schon gewusst ... dass Kants Niederschriften im Opus postumum doch philosophisch ernst zu nehmen sind?

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Lange wurde die These vertreten, dass Kant in seinen letzten Lebensjahren senil geworden sei und seine Niederschriften aus dieser Zeit philosophisch nicht mehr ernst zu nehmen wären. Deren Vertreter beriefen sich auch oft auf das Opus postumum und die in ihm enthaltenen Alltagsnotizen. Selbst die beiden Herausgeber der Neuedition, Eckart Förster und Jacqueline Karl, gingen davon aus, dass im letzten Entwurf von Dezember 1800 bis Februar 1803 angesichts der völlig unübersichtlichen Manuskriptseiten massive Probleme auf sie zukommen werden.

Die editorische Arbeit ergab aber ein geradezu entgegengesetztes Ergebnis: Eine akribische Strukturanalyse der chronologischen Niederschrift auf der Manuskriptseite schafft Klarheit über die Zuordnung von Worten, Zeilen und Zusätzen und ermöglicht, den philosophischen Inhalt zu erschließen. Kant gelingt es abschließend sogar, wenngleich nicht in allen Einzelheiten ausgeführt, eine von ihm gesuchte systematische Lösung des Problems des Übergangs zwischen den durch die Vernunftkritik getrennten Bereichen seiner Philosophie zu finden: In der vollendeten Selbstsetzungslehre gelingt ihm eine spekulative Vereinigung von theoretischer und praktischer Vernunft. Die Alltagsnotizen sind kein Zeichen einer bestehenden Senilität, sondern sie zeigen sie seine bis zum Schluss vorhandene Teilnahme am alltäglichen Leben:

Obwohl er sich über seinen Diener Lampe beschwert – „Lampe wird belehrt daß da er von früh bis späth etwas zu saufen nicht unterläßt ihm nicht allein sein Qvartal sondern auch die Zulagen diese Woche werde zurukgehalten werden.“ –, notiert der als Liebhaber und Kenner feiner Weine bekannte Kant an zahlreichen Stellen, wie viele Weinflaschen an welchem Ort im Haus noch vorhanden sind: „In der oberen Höhe ist noch eine Bouteille rothen Portwein (oporto) nicht Porterbier welchen die Köchin wird anzuzeigen wissen. – Die Köchin meynt daß noch wohl eine ungarsche Wein-Bouteille 5 x oder 6 x müsse oben anzutreffen seyn.“ Diese Alltagsnotizen mindern mitnichten seine Bedeutung als Philosoph, sondern machen ihn als Mensch nicht unsympathischer. Im Gegenteil!

Dr. Jacqueline Karl

 

Dr. Jacqueline Karl ist Arbeitsstellenleiterin des Forschungsprojekts „Neuedition, Revision und Abschluss der Werke Immanuel Kants“. Gemeinsam mit dem Philosophen Prof. Dr. Eckart Förster ist sie Herausgeberin der Neuedition. Bis Ende 2023 wurde das Projekt als Akademienvorhaben im von Bund und Ländern geförderten Akademienprogramm gefördert. Die Hamburger Stiftung zu Förderung von Wissenschaft und Kultur finanziert den Abschluss der Edition.

Kontakt

Sebastian Zwies
Leiter Koordinierung
Akademienprogramm

 

06131 / 218 528 17
sebastian.zwies@akademienunion.de