Zum Hauptinhalt springen
alte Handschrift mit Illustration
Zahl der Woche

200 Jahre vor Martin Luther …

Kalenderwoche 48

Zur Projekthomepage
Zum Podcast der BAdW
Hörproben: Der Klang der Bibel

Zur Reihe "Zahl der Woche"

… übersetzte ein anonymer Laie einen Großteil der Bibel ins Deutsche. Dem Werk dieses Bibelübersetzers widmet sich das Projekt „Der Österreichische Bibelübersetzer. Gottes Wort deutsch“, das seit 2016 als interakademisches Projekt der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften besteht. Die drei erforschten Hauptwerke – das „Alttestamentliches Werk”, das „Evangelienwerk” und den „Psalmenkommentar” – umfassen Hunderte von handschriftlichen Seiten. Stetige Neufunde erweitern das Textkorpus, das dem Österreichischen Bibelübersetzer zugeschrieben wird. Ziel des Projektes ist es, die überlieferten Werke kritisch zu edieren und zu kommentieren, wobei digitale und gedruckte Präsentationsformen nebeneinanderstehen werden.

Der Österreichische Bibelübersetzer wirkte als Laie für Laien. Dadurch waren seine Übersetzungen der Heiligen Schrift vehementen Anfeindungen preisgegeben, denen er sich insbesondere in den Vorreden zum „Alttestamentlichen Werk” sowie zu den einzelnen biblischen Büchern selbstbewusst entgegenstellt, wo er sogar – etwa in der Vorrede zum „Psalmenkommentar” – dezidiert für die Übertragung der Heiligen Schrift in die deutsche Sprache wirbt, um sie den Gläubigen besser zugänglich zu machen.

Doch nicht nur die Übersetzung ist wichtig, zentral ist auch sein Anliegen, die für Laien ausgewählten Texte mit einer bedeutnus zu versehen, einer begleitenden Glossierung, die auslegt, erklärt und kommentiert. Dabei verlässt der Anonymus sich neben der Inspiration durch den Heiligen Geist auch auf wol gelerter leut hilf und rat. So benutzt er neben der weit verbreiteten „Glossa ordinaria“, dem Standardwerk zur Exegese und Kommentierung zur biblischen Geschichte, auch das zeitgenössische lateinische Psalmenwerk des Franziskaners Nikolaus von Lyra noch während dessen Entstehung. Unter den Handschriften des „Evangelienwerks” sind kostbare Stücke, deren prächtige Ausstattung einflussreiche und vermögende Auftraggeber vermuten lassen.

Noch weiß man wenig Genaues über diesen emsig schreibenden Anonymus, der die Bücher der Bibel übersetzt und auslegt und dabei Unterstützung gefunden haben muss. Für das Verständnis vorreformatorischer deutschsprachiger Bibelübersetzungen sowie für die Literaturgeschichtsschreibung Österreichs und die Epoche des Spätmittelalters ist er von großer Bedeutung.

   

Kontakt

Sebastian Zwies
Leiter Koordinierung
Akademienprogramm

 

06131 / 218 528 17
sebastian.zwies@akademienunion.de